Von E-Akte bis KI: 8.500 Menschen – ein Rechtsstaat

Vom Wachtmeister bis zur Richterin: Die „Woche der Justiz“ will vom 23. bis 27. Juni zeigen, wie vielfältig das Team hinter Urteilen in Rheinland-Pfalz ist.

Wie ist der Arbeitsalltag im Gericht? Und wie sieht es hinter den Mauern einer JVA aus? Wer sorgt dafür, dass Urteile vollstreckt werden? Was hat KI mit Strafprozessen zu tun? Die „Woche der Justiz“ in Rheinland-Pfalz öffnet Türen, die sonst verschlossen bleiben. Vom Gerichtssaal bis zur virtuellen Zeugensimulation will die Justiz zeigen, dass sie verantwortungsvoll, vielfältig und zukunftsorientiert arbeitet. Einige Fragen und Antworten dazu.

Wie viele Menschen arbeiten bei der Justiz in Rheinland-Pfalz?

In der Justiz einschließlich Justizvollzug arbeiten laut Ministerium derzeit rund 8.500 Menschen, davon etwa 6.320 bei Gerichten und Staatsanwaltschaften. Rund 1.400 von ihnen sind Richterinnen, Richter oder Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Knapp 1.000 Beschäftigte sind als Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger tätig. Sie nehmen hoheitliche Aufgaben in sachlicher Unabhängigkeit wahr – etwa bei der Erteilung von Erbscheinen, Grundbucheinträgen oder Zwangsversteigerungen.

Rechtspfleger können nach Zusatzqualifikation auch als Amtsanwälte arbeiten und in Strafverfahren ermitteln. Die größte Gruppe stellen die Justizfachwirtinnen und -fachwirte sowie weitere Justizbeschäftigte mit rund 2.450 Personen. Sie übernehmen Aufgaben in Serviceeinheiten wie Aktenführung, Posteingang und Fristenkontrolle. Rund 400 Wachtmeisterinnen und Wachtmeister sorgen für Sicherheit im Gericht. Im Vollzug sind rund 2.250 Beschäftigte tätig – darunter Vollzugsbeamte, Verwaltungsmitarbeitende, Sozialarbeiter, Psychologen, Mediziner und Pflegekräfte.

Gibt es genug Nachwuchskräfte?

„Die Justiz in Rheinland-Pfalz bietet vielfältige Aufgaben und gute Entwicklungsmöglichkeiten – das macht sie für viele Nachwuchskräfte attraktiv“, sagt ein Sprecher des Justizministeriums, das aktuell von Minister Philipp Fernis (FDP) geführt wird. Die Zahl der Bewerbungen übersteige weiter deutlich die Zahl der Einstellungen. Besonders begehrt seien Stellen im richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Dienst. 

Allerdings sei der Wettbewerb um die besten Köpfe bei den Justizbeschäftigten, den Justizfachwirtinnen und -wirten sowie im Rechtspflegerdienst in den vergangenen Jahren größer geworden. Mit der „Woche der Justiz“ will das Land deshalb auch gezielt über Berufsbilder und Karrieremöglichkeiten informieren.

Wie läuft es mit der elektronischen Akte (eAkte)?

Gerichte in Rheinland-Pfalz sollen schneller, moderner und zeitgemäßer werden. Keine Transportwagen voller Akten mehr, weniger Papierberge, mehr Effizienz und höhere Flexibilität sind das Ziel. Dazu soll die elektronische Gerichtsakte (eAkte) beitragen. Seit September 2024 sind dem Justizministerium zufolge alle 56 Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit mit der eAkte ausgestattet. Zum 1. Juni 2025 gab es bei den ordentlichen Gerichten insgesamt 453.575 eAkten – davon waren bereits 337.795 Verfahren erledigt.

Bei den Fachgerichten, also den Verwaltungs-, Finanz-, Arbeits- und Sozialgerichten, waren weitere 45.329 Akten angelegt und davon 30.143 erledigt. Bei den Staatsanwaltschaften waren es 75.791 Akten und 67.143 erledigte Verfahren. Die vergleichsweise niedrige Zahl bei Staatsanwaltschaften ist dem Ministerium zufolge damit zu erklären, dass der Roll-out der eAkte erst später begann.

Welche Rolle spielt KI in der Justiz?

Die Justiz in Rheinland-Pfalz setzt dem Ministerium zufolge zunehmend auf Künstliche Intelligenz (KI). In mehreren Projekten werde KI bereits eingesetzt oder erprobt. So werde etwa der Sprachassistent eManuel an drei Amtsgerichten im Bezirk des Oberlandesgerichts Koblenz getestet. Die Anwendung beantwortet technische Fragen zur elektronischen Akte und basiert auf ChatGPT. Das Tool Codefy strukturiert Akten automatisiert. Nach erfolgreicher Pilotphase in Koblenz folgt nun ein Test in Zweibrücken.

Seit Frühjahr 2025 steht allen Mitarbeitenden zudem jurisKI zur Verfügung – eine Kombination aus juristischer Datenbank und KI-Sprachmodell. Auch der beck-Chat, eine neue KI-Funktion in der Plattform beck-online, wird aktuell getestet. Ein besonderes Projekt ist dem Sprecher zufolge die virtuelle Zeugensimulation mit VR-Brille: Referendarinnen und Referendare trainieren damit Zeugenvernehmungen in einem realitätsnahen, KI-gestützten Szenario.

Dürfen verurteilte Mütter ihre Kleinkinder mit ins Gefängnis nehmen? 

Die Justizvollzugsanstalt (JVA) Zweibrücken will Müttern im Gefängnis eine gemeinsame Unterbringung mit Kleinkindern ermöglichen. Geplant ist ein Neubau, mit dem 2027 begonnen werden soll. Vorgesehen sind fünf Haftplätze für je eine Mutter mit bis zu zwei kleinen Kindern. Die neue Einrichtung richtet sich an Kinder bis zu zwölf Monaten. Voraussetzung ist, dass das Jugendamt die gemeinsame Unterbringung befürworte. „Die Strafdauer muss dabei überschaubar sein“, sagte JVA-Leiter Jürgen Buchholz. Spätestens mit dem ersten Geburtstag soll das Kind die Justizvollzugsanstalt verlassen. Das künftige Angebot ist auch für Inhaftierte aus dem Saarland gedacht.

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